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Meine Heimatgschicht: Gespräch mit Oma

#heimatlandkreisfürth

Als ich sechs Jahre alt war, zog ich zu Oma ins Schlafzimmer um. Wir lebten in einem großen Geschäftshaus, in dem meine Eltern, Onkel und Tante und meine Oma wohnten. Abends musste sie früh mit mir schlafen gehen, darauf bestand ich hartnäckig. Im Winter legte sie mir abends eine Kupferwärmflasche ins Bett, und ich genoss ihre uneingeschränkte Zuneigung. Oma erzählte aus ihrer Kindheit und mir gefiel das. Wundervolle Jahre verbrachten wir miteinander.

Wenig Zeit hatte sie tagsüber, denn sie arbeitete in der Küche unserer Gaststätte. Sie kochte sehr gut und konnte die besten Plätzchen der Welt backen. Und ihre Markklößchen! Nie habe ich bessere gegessen. Wie gerne würde ich neben ihr in der Küche stehen und mir ihre Kochkünste aneignen. Die Rezepte wurden leider nie aufgeschrieben.

Omas Geschwister musizierten, schrieben Gedichte, sie hat diese Talente nur weitervererbt. Niemals war sie sportlich, konnte nicht schwimmen und nicht Rad fahren. Beim Singen rang sie dramatisch
nach Luft, weil sie nicht darin geübt war, aber sie sang keine falschen Töne. Ich bin mir sicher, dass sie all das hätte lernen können, wenn sie die Chance dazu bekommen hätte. Ihre Kinder waren sportlich und musisch veranlagt.
Omas Schwachpunkt war, dass sie beim Spiel nicht verlieren konnte. Wenn sie verlor, regte sich fürchterlich auf. Das störte mich nicht. Für mich war einzig und allein wichtig, dass sie mich liebte, und darin war ich mir absolut sicher. Voll Zärtlichkeit und Liebe erinnere ich mich an Oma mit ihrer zarten schneeweißen Haut, ihren gut frisierten Haaren, hochgesteckt und durch ein fast unsichtbares Netz perfekt in Form gehalten. Stets trug sie dunkle Kleidung und war mir so nah, näher als meine Mutter. 

Ich wünsche mir, wenigstens noch einen Tag lang mit Oma an einem Tisch zu sitzen, über gemeinsam Erlebtes zu reden und zu lachen.